Leuchtfeuer
Eintracht-Präsident Peter Fischer mit Marburger Leuchtfeuer geehrt
„Eine Symbolfigur für weltoffenen Sport“
Marburg. Peter Fischer, Präsident von Eintracht Frankfurt, ist am Mittwochmittag im Historischen Rathaussaal mit dem Marburger Leuchtfeuer ausgezeichnet worden. Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies sowie Ehrenbürger, Alt-Oberbürgermeister und Jurymitglied Egon Vaupel überreichten die Auszeichnung im Namen der Stadt Marburg und der Humanistischen Union. Damit würdigen sie Fischers entschiedenes Eintreten für Vielfalt und Respekt vor der Würde aller Menschen.
„Peter Fischer hat eine klare und eindeutige Haltung gegen Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung eingenommen an einer Stelle, an der sich viele weggeduckt hätten. Damit ist er zu einer Symbolfigur für weltoffenen Sport geworden“, sagte OB Spies bei der Verleihung. An vielen Stellen werde heute in der Gesellschaft der Rahmen der Spielregeln verlassen – hier seien klare Worte nötig. „Er bleibt auch bei starkem Gegenwind standhaft und macht damit Eintracht Frankfurt weit über die Fußball-Bundesliga hinaus zu einem Vorbild für gesellschaftliches Verantwortungsbewusstsein“, hob Marburgs Oberbürgermeister hervor. „Eine solche Persönlichkeit ehren wir in Marburg ausgesprochen gerne“, so Spies. Die Preisvergabe an Peter Fischer sei eine Ermutigung für alle Menschen, sich mit Zivilcourage gegen Ausländerfeindlichkeit zu stellen.
„Nie wieder Faschismus!“, forderte Franz-Josef Hanke, Vorsitzender der Humanistischen Union, und bedankte sich bei Fischer dafür, dass er diese Haltung in den Sport hineintrage. „Wir alle sind dazu aufgerufen, uns für unsere Demokratie zu engagieren. Das gilt für alle Bereiche der Gesellschaft, auch für den Fußball.“ Er selbst habe die Erfahrung gemacht, dass es insbesondere die Sportvereine seien, die sich vor Ort schon seit Jahren für Geflüchtete einsetzen und Sport gemeinsam leben – ohne Ansehen von Herkunft oder Hautfarbe.
Die Laudatio hielt Monika Bunk, „die allseits respektierte Stimme der jüdischen Gemeinde Marburg“, so Hanke. Die stellvertretende Vorsitzende der jüdischen Gemeinde ging auf die Geschichte der Eintracht ein, bei der jüdische Spieler während des Nationalsozialismus länger hätten spielen können als anderswo. „Das ist auch auf die Freundschaft und Zivilcourage der Eintracht-Familie zurückzuführen“, erklärte sie. Und auch bei der Neugründung nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges habe der Verein sich klar gegen Rassismus gestellt. „Sportvereine können sich nicht aus ihrer gesellschaftlichen Verantwortung stehlen, da sie Einfluss auf die Gesellschaft haben und wie ein Leuchtfeuer strahlen.“ Peter Fischer tue „das einzig Richtige: er gibt Antidemokraten gar keine Bühne zur Selbstdarstellung“. Denn man dürfe nicht so tun, als seien Rassismus und völkischer Nationalismus Meinungen, die diskutiert werden dürfen. „Wir müssen Rassismus diskutieren. Aber wir müssen aufhören, es mit Rassisten zu tun“, forderte Bunk.
Alt-Oberbürgermeister und Ehrenbürger Egon Vaupel sprach für die Jury. „Peter Fischer hat Gesicht gezeigt und in seinem Verein und damit auch weit darüber hinaus deutlich gemacht, dass Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in unserer Gesellschaft nicht geduldet werden dürfen“, erklärte er. Sport selbst sei integrativ, bringe Menschen zusammen. „Jeder darf mitspielen. Das war schon früher auf dem Bolzplatz so, als ich klein war.“ Er lobte Fischers mutiges Eintreten für eine weltoffene Gesellschaft – obwohl er dafür Anzeigen, Kritik und Schmähungen erdulden muss.
„Sie haben mich überrascht“, gab der Preisträger nach den Reden bekannt. Er wisse den Preis sehr zu würdigen, denn die Inhalte, für die er verliehen werde, hätten seine Sympathie. „Danke, dass Sie als Stadt Marburg diesen Preis auch politisch unterstützen“, sagte er. Er betonte, dass er stolz sei, dass viele tausend Menschen wegen seiner Haltung Mitglied bei der Eintracht geworden seien. Und er betonte: „Erinnerungskultur ist etwas, das in unserer DNA sein muss. Das müssen wir weitergeben und uns kümmern.“ Er sei tolerant, auch einer jüngeren Generation gegenüber, die einfach anders sei, anders aufgewachsen sei als er selbst – aber seine Akzeptanz höre auf, wenn diese Menschen nur noch in Monotonie vor sich hinleben, sich nicht umeinander kümmern und nicht füreinander einstehen. „Ich habe daheim mehrere Ordner voller Drohungen. Aber es geht mir darum, Spuren zu hinterlassen und Dinge zu verändern“, erklärte er. „Ich erwarte, dass Menschen sich zu Wort melden“, schloss er seine Rede.
Zum Abschluss des Empfangs, der von Jury-Mitglied Jochen Schäfer musikalisch umrahmt wurde, bat OB Spies den Präsidenten von Eintracht Frankfurt, sich in das Goldene Buch der Stadt Marburg einzutragen. Außerdem erhielt er als Geschenk einen Charakterkopf: Der Künstler Rupert Eichler hatte den Kopf des Preisträgers aus Ton nachgestaltet.
Hintergrund:
Seit 2005 verleihen die Humanistische Union und die Stadt Marburg das „Marburger Leuchtfeuer für Soziale Bürgerrechte“ in jährlichem Turnus. Zu den Geehrten zählten bisher der Jesuitenpater Prof. Dr. Friedhelm Hengsbach, der Gießener Psychiater Prof. Dr. Dr. Horst-Eberhard Richter und Dr. Ulrich Schneider vom „Paritätischen“ ebenso wie die Marburger Gewerkschaftsvorsitzende Käte Dinnebier, die Blindenpädagogin Sabrye Tenberken und die Hamburger „Jobcenter-Rebellin“ Inge Hannemann. 2017 erhielt die „Netz-Aktivistin“ Katharina Nocun das Marburger Leuchtfeuer für ihr vielfältiges Wirken zugunsten von Selbstbestimmung und gegen Intoleranz.
Leuchtfeuer-Buch: Nach der Auszeichnung mit dem Marburger Leuchtfeuer trug sich Preisträger Peter Fischer (2. von rechts) im Beisein von Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies (2. von links) sowie Stadtverordnetenvorsteherin Marianne Wölk und Ehrenbürger und Alt-Oberbürgermeister Egon Vaupel ins Goldene Buch der Stadt ein. (Foto: Patricia Grähling, Stadt Marburg)
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